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Fri, Feb 9TEDDY TODAY (Page 2)english>> TEDDY goes to Africa Gastkolumne von Richard Harnisch Together we stand, divided we fall oder: „Ich bin schwul. Und das ist gut so.“ Mitten in Berlin ist das selbstverständlich, gay pride ist Alltag. Schwule, Lesben, Bisexuelle und Transgender (LGBT) leben und feiern selbstbewusst ihre sexuelle Identität. Derer gibt es viele Facetten, ausgeprägt im Christopher Street Day, Motzstraßenfest, dem TEDDY-Award... Ein Stück Normalität im aufgeklärten Berlin. §175 – war da mal was ? Berlin –die europäische Metropole ist gerade während der Berlinale mit zahlreichen TEDDY-Aktivitäten, TEDDYAWARD.TV, Gästen aus aller Welt und der ARTE-Übertragung der TEDDY Awards das Vorzeigebeispiel eines Paradieses für queere Lebensweisen – weltweit aber leider eine eher seltene Ausnahme. In vielen Ländern sieht die Normalität für LGBT völlig anders aus: Selbstbestimmung, Selbstbewusstsein und Stolz sind nicht Alltag, sondern Utopie. Verstecken, Verfolgung und Angst sind nicht ein böser Traum, sondern bittere Realität. Ein Kuss zur falschen Zeit am falschen Ort kann Misshandlung oder Inhaftierung zur Folge haben, die Flucht nach vorn durch ein Coming Out kann mit dem Tod bezahlt werden.
Vielerorts werden Menschen diskriminiert, deren sexuelle Identität nicht den gesellschaftlichen Normen entspricht. Oft missachten staatliche Institutionen die Menschenrechte sexueller Minderheiten. Übergriffe an diesen Personen-gruppen bleiben nicht selten ungestraft. Diese Vorfälle bekannt zu machen und anzuprangern, ist eines der Ziele von amnesty international. Weltweit setzt sich amnesty für die Aufklärung von Menschenrechtsverletzungen und die Bestrafung der Täter ein. Die Gruppe „Menschenrechte und sexuelle Identität“ (MERSI) der deutschen Sektion von amnesty arbeitet seit über zehn Jahren speziell zu diesem Thema und macht mit öffentlichkeitswirksamer Lobbyarbeit auf Missstände weltweit aufmerksam.
MERSI setzt sich ein für die Abschaffung homophober Gesetzgebung und die Einhaltung internationaler Rechtsstandards. Eine weltweite Vernetzung mit anderen amnesty-Gruppen und weiteren Menschenrechtsorgani-sationen ermöglicht einen schnellen Informationsfluss und kurzfristige Aktionen. Ein wichtiges Instrument von amnesty international sind die sogenannten urgent actions, die auch MERSI häufig nutzt: Eilaktionen mit dem Ziel, z.B. die Freilassung inhaftierter LGBT zu bewirken. Regierungsstellen oder auch die Polizei werden per Fax, E-Mail oder in Briefen angeschrieben und aufgefordert, die jeweiligen Missstände zu beenden.
Seit seiner Gründung hat MERSI in einer Vielzahl von Veranstaltungen MenschenrechtsverteidigerInnen und Verfolgten u.a. aus der Türkei, Rumänien und Serbien ein Forum gegeben, um über die Situation in ihren Heimatländern zu berichteten. Zusätzlich werden in einem regelmäßigen Rundbrief und auf der MERSI-Website Hintergrundberichte zu Einzelfällen, Aktionen und Zuständen in betroffenen Ländern dargestellt. Zustände, über die sonst wenig bekannt wird. Zum Beispiel aus Afrika: Zuletzt hat das ostafrikanische Binnenland Uganda MERSI wiederholt beschäftigt. Wie in den meisten afrikanischen Staaten sind auch in Uganda homosexuelle Handlungen zwischen Männern strafbar. Der Tatbestand – ein Relikt der Gesetzgebung aus der britischen Kolonial- zeit – ist im Kapitel 140 des Ugandan Penal Code Act geregelt und sieht bei Verstößen eine Haftstrafe von bis zu 14 Jahren vor. Dieses sind die rechtlichen Rahmenbedingungen, unter denen sich in der ugandischen Hauptstadt Kampala eine homosexuelle Subkultur gebildet hat. Der „normale“ Ugander nimmt sie nicht wahr, er hat kein Auge dafür.
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Dennoch versteckt sich die Szene nicht fernab von der Öffentlichkeit – der beste Schutz bietet sich inmitten des Alltaglebens in der Hauptstadt. Unbemerkt vor den Augen aller hat sie sich an öffentlichen Orten etabliert: Hotels, Restaurants, Kneipen und Bars dienen als Treffpunkte.
Im Sommer 2006 hat die feindliche Stimmung gegenüber Homosexuellen in Uganda einen neuen traurigen Höhepunkt erreicht. Am 8. August 2006 veröffentlichte die mit wiederholten homophoben Äußerungen auffallende Tageszeitung Red Pepper eine Liste mit 45 Namen vermeintlicher homosexueller Männer. Eine Vielzahl von Berichten, Meinungen und Leserbriefen in den verschiedenen ugandischen Zeitungen ergänzen die neuerliche Hetzjagd. Zumeist sind die Standpunkte äußerst vernichtend. Wenige Wochen später folgten mehrere Artikel im Red Pepper, die über Homosexualität unter Frauen berichten. Unter anderem wurde dort auch ein diffamie-render Artikel veröffentlicht, der eine Liste mit Namen von dreizehn vermeintlichen Lesben enthält. amnesty international verurteilt das Vorgehen der ugan-dischen Zeitungen scharf. Die öffentliche Aufforderung zur Diskriminierung setzt LGBT einer hohen Gefahr aus. In mehreren Fällen ist amnesty bekannt geworden, dass Personen, die in den Zeitungsberichten genannt wurden, in der Folge bedroht wurden. Mit einer Eilaktion reagierte amnesty auf die besorgniserregenden Entwicklungen in Uganda.
Schwierige Zeiten für die leidgeprüfte LGBT-Gemeinde in Uganda. Die Bereitschaft, offen und couragiert für Gleichberechtigung einzutreten, ist angesichts der massiven Einschüchterungen einer harten Prüfung ausgesetzt. Das sagen die AktivistInnen von Sexual Minorities Uganda (SMUG), der Dachorganisation homosexueller Gruppierungen in Uganda, mit der MERSI in Verbindung steht, sehr deutlich. Dennoch kämpfen sie unbeirrt weiter – together we stand, divided we fall. Unterstützung erhalten sie von wenigen Stellen in Uganda. Gerade wenn es darum geht, breite Bevölkerungsschichten zu erreichen, um der negativen Berichterstattung entgegenzuwirken, wird es sehr schwierig. Lediglich die Tageszeitung Monitor druckt auch mal andere Standpunkte. So wurde am 6. September 2006 eine mutige Gegendarstellung der LGBT- Aktivistin und bekennenden Lesbe Juliet Victor Mukasa abgedruckt, die offen ausspricht, was viele andere nur insgeheim hoffen: „Stop witch-hunting us lesbians and gays“!
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