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· Interview mit/with Wieland Speck
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Teddy Award 2005
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Berlinale

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Teddy Award 2006

Interview mit/with Wieland Speck (Page 3)


Gerade erst sind ja wieder alarmierende Zahlen veröffentlicht worden, was die Verbreitung von AIDS angeht. AIDS hat sich längst von den stigmatisierten Risikogruppen weg und hin zu einer Armutskrankheit entwickelt, die in Afrika epidemische Ausmaße angenommen hat.

Karl Johnson in Derek Jarman's Wittgenstein (1993)

Und nicht nur in Afrika, sondern auch in China und Russland. Die schwulen politischen Filme waren sich dessen immer bewusst, dass AIDS in Zukunft auch andere gesellschaftliche Gruppen betreffen wird. Der politische Ansatz von Gruppen wie „Act Up!“ bis hin zu heute bestehenden Beratungsgruppen war schon immer: „Schaut nicht weg, denn AIDS wird kein Risikogruppenproblem bleiben!“ Die Verantwortung, die diese Minderheit für andere gezeigt hat, war vorbildlich und die kommt auch in den Filmen raus. Es gibt diese Filme auch heute noch. Es sind weniger geworden, weil der unmittelbare Leidensdruck sich verändert hat, indem aus einer schnell tödlichen Krankheit eine chronische geworden ist. Aber der politische Ansatz ist im Grunde der gleiche geblieben und auch von gleich bleibender Wichtigkeit.

Welchen Beitrag leistet auf diesem politisch-gesellschaftlichen Terrain eine filmische Retrospektive wie das Teddy Twenty Tribute?

Homosexuelle unterscheiden sich von anderen Minderheiten, weil man nicht als das aufwächst, was man ist, sondern als etwas anderes. Es ist sehr bitter, wenn man erzogen wird in der Annahme, man sei heterosexuell, und dann in der Pubertät feststellt, man ist nicht heterosexuell. Weil man das meist erst spät entdeckt, meint jede Generation, sie hätte es selbst erfunden und erkämpft. Deshalb fällt es Homosexuellen oft sehr schwer, einen geschichtlichen Zusammenhang zu sehen - dass man von woher kommt, dass es „Vorfahren“ und „Vorkämpfer“ gibt. Das zu vermitteln und zu verarbeiten ist sehr wichtig, um ein politisches Standing und einen Blick in die Zukunft zu entwickeln. Und darum geht es in der Teddy-Arbeit.
 
 

“Queer Academy”

Mit diesem Anliegen startet in diesem Jahr auch die „Queer Academy“: Eine internetbasierte Datenbank, in der zunächst alle Filme dokumentiert sind, die zum Teddy nominiert waren oder ihn gewonnen haben – in Zukunft dann alle Filme in einem schwullesbischen Kontext, die seit 1980 auf der Berlinale gelaufen sind. Langfristig soll das über die Berlinale hinaus ausgeweitet werden, denn es gibt natürlich auch großartige Werke, die nicht auf der Berlinale liefen. Die Filme werden dort mit umfangreichen Materialen zur Verfügung gestellt. Damit wird eine weltweite, sowohl politische, als auch ästhetische Filmarbeit unterstützt. Der Teddy Twenty Tribute zeigt uns dazu einen Zusammenhang von Filmen, die den Teddy gewonnen haben. Da sehen wir, dass niemand vom Himmel gefallen ist. Es gibt überall einen gesellschaftlichen Hintergrund mit unterschiedlichen Moralkodeces und einem unterschiedlichen Umgang mit diesen. Es lohnt sich, da noch einmal genauer hinzusehen.

Wie umfassend ist die Reihe angelegt?

Sie wird 18 Programmplätze umfassen, 8 Spielfilme, 8 Dokumentarfilme und 2 Plätze mit Kurzfilmprogrammen. Der Tribute ist in der Retrospektive angesiedelt, aber das Panorama arbeitet thematisch zu, weil die meisten Filme ja bei uns gelaufen sind. Es ist ein Verbund von sehr vielen, die sich da einschalten. Arte wird zum Beispiel einen Themenabend zu zwanzig Jahren Teddy machen. Wir werden darüber hinaus aus dem Teddy Tribute ein „Teddy Tribute Travel Size“ machen, ein kondensiertes Programm, das dann nach der Berlinale auch reisen kann. Es gehört zu dieser Arbeit, dass man Zusammenhänge herstellt.

Gab es Probleme bei der Beschaffung der Kopien, Wunschtitel, die einfach nicht mehr verfügbar waren?

Ja es gab einige Probleme und zwar einfach deshalb, weil diese Filme schon bei der Produktion mit dem niedrigsten Budget hergestellt werden müssen. Das sieht man erst recht, wenn die Filme alt werden, denn dann gibt es irgendwann nicht mal mehr eine Kopie. Dazu trägt auch bei, dass die Archive sich dieser Filme oft nicht in angemessener Weise vergewissern. Auch da wird das Grundsetting der Gesellschaft abgebildet: Es fällt kaum jemanden auf, wenn bei einer repräsentativen Aktivität Schwule oder Lesben gar nicht dabei sind. Wir haben bei der Kopienbeschaffung auch festgestellt, dass nicht nur die Filme oft gar nicht mehr da sind, sondern dass auch viele Filmemacher gestorben sind. Deren Erben haben manchmal gar kein Interesse an dem homosexuellen Kontext. Im Gegenteil, oft werden Schwule und Lesben nach ihrem Tod wieder heterosexualisiert. Wenn man da recherchiert, reißt man alte Wunden auf.

© Internationale Filmfestspiele Berlin.
 
 

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