Fri, Feb 10
TEDDY TODAY
Column by Andrea WinterBekanntlich hat jedes Film-Festival das Publikum, das es verdient. Die Kinogänger der Berlinale jedenfalls gelten als ziemlich grandios. Diesem guten Ruf wurden auch die Zuschauer des Panorama-Eröffnungsfilms „Brothers of the Head“ am Donnerstag gerecht. Gleich am Anfang gab es ein ernstes Ton-Problem. Panorama-Chef Wieland Speck kam zurück auf die Bühne und führte die Zuschauer souverän wie immer über den kleinen Leerlauf hinweg: “Wir machen jetzt einen Ton-Test, halten Sie sich bitte alle mal die Ohren zu!” Das Publikum nahm die ohrenbetäubende Geräusch-Kulisse ganz gelassen und ohne Hörsturz, die Technik bekam die Technik in den Griff - und dann lief der Fake-Documentary-Mix über die beiden siamesischen Zwillinge Tom und Barry, das Panorama 2006 war eröffnet. Manch einer im Zuschauerraum empfand den Umgang mit der tragischen siamesischen-Zwillings-Thematik zwar als etwas zu oberflächlich. Aber die Schauspieler-Zwillinge Luke und Harry Treadaway beeindrucken in dieser Freakshow mit ihren erotischen Posen um das Stückchen Haut, das sie in jeder Sekunde ihres Lebens aneinanderschweißt. Musikalisch untermalt wird der reportagehafte Streifen vom britischen Rock der Seventies. Es sei ihr persönlichster Film geworden, bekannten die beiden Regisseure Keith Fulton und Louis Pepe im anschließenden Premiere-Talk. |
| Article: Teddy Award Jury | The nine members of the international Jury - organisers of queer film festivals or gay/lesbian filmmakers - view those films within the framework of all programs of the Berlinale which are in a queer context. |
Mit dem Roadmovie „Transamerica“ hielt im vergangenen Jahr ein Meilenstein in der bislang tristen Film-Geschichte über Transsexualität Einzug ins Panorama. In der Zeitrechnung davor war die filmische Darstellung von Transsexuellen weitgehend auf OP-Dramen reduziert oder Dokumentarfilme mit den Speerspitzen der Queer-Politics-Bewegung als Talking Heads . Als spießige Fast-Frau Bree veränderte „Desperate Housewives“-Darstellerin Felicity Huffman die Sicht auf transsexuelle Menschen komplett. Für ihre Darstellung wurde sie als beste Darstellerin mit dem Golden Globe belohnt und ist für den Oscar nominiert. Kein Wunder also, dass transsexuelle Charaktere jetzt langsam im Mainstream-Kino salonfähig werden und mit dem dänischen Beitrag „En Soap“ auch im Wettbewerb anzutreffen sind. Allerdings konzentriert sich die Handlung weitgehend auf das Leid und die Einsamkeit der attraktiven Veronica alias Kristian, die nur darauf wartet, dass die Behörden ihre Geschlechtsumwandlung endlich genehmigen. Das Kammerspiel in einem Wohnblock zeigt die übliche Intoleranz der Eltern, die Vorurteile der Nachbarin. Aber heterosexuelle Frauen haben’s auch nicht viel leichter, wie man dann erfährt. Alles wie gehabt, empörte sich der
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| Aside from focusing on the festival and the films TEDDY'S special attention this year goes to the current situation of queers in Poland and South Africa. | transsexuelle Fotograf und Filmemacher Del LaGrace Volcano und verließ den Saal vor dem Ende. Well, Del, die schmerzreiche Story wurde mit einem ungewöhnlichen Happy End gekrönt. Fraglich bleibt nur, ob sich die Liebesdinge im wirklichen Leben von Transsexuellen auch so einfach fügen. Von TEDDY-Preisträger Lukas Moodysson weiß man spätestens seit „Fucking Amal“, dass er gute Geschichten erzählen kann. Sein neues Werk „Container“ im Panorama ist ein ganz anderes Kaliber. Mit dem Film wolle er provozieren, erzählte er im Après-Film-Gespräch. Das ist ihm sicherlich gelungen. In einem endlosen Monolog in schwarzweiß erzählt die weibliche Kunstfigur im Körper eines Mannes vom Selbsthass und dem Unheil in der Welt. Doch der erste volle Panorama-Tag endete mit einem Highlight namens „Paper Dolls“. Wer will schon senilen orthodoxen Juden in Israel den Hintern abwischen? Da müssen philippinische Altenpflegerinnen ran, in deren asiatischer Kultur der Respekt vor dem Alter groß geschrieben wird. Nach getaner Arbeit tanzen die Samariterinnen als „Paper Dolls“ in der gleichnamigen schwulen und transgender Drag-Performance-Gruppe zu ABBA-Musik. Ein origineller Film, der auch die Filmemacherin Monika Treut so überzeugt hat, dass sie Sehnsucht nach einer „Paper Doll“ bekommen hat. Die süßen Kino-Träume nahm sie mit nach Hause. Today's Screenings
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