Sat, Feb 10
TEDDY TODAY (Page 2)
english>> TEDDY goes to Turkey Guest Column by Ipek IpekciogluTürkeistämmige Queers in der Bundesrepublik Die Türkei ist ein Land der Paradoxien. Aufgewachsen mit der „Sonne der Nation“, dem schwulen Sänger Zeki Mueren, der M to F transsexuellen Sängerin Buelent Ersoy oder der effeminierten Sänger Devran Caglar müsste man doch meinen, dass Homosexualität und Transsexualität in der Türkei zu einer gewissen Normalität gehören würden. Aber: Im türkischen Kino ziehen Filme wie „GORA“ und „Kahpe Bizans“ schwules Leben in die Lächerlichkeit. Die Streifen „Iki genc kiz“, „Denize Hancer duestue“ und „Dues gezginleri“ problematisieren wiederum die Frauenliebe, aber entweder sehr subtil oder ganz direkt. „Dönersen islik cal“ beschreibt die platonische Verbindung zweier Randfiguren der Gesellschaft, nämlich eines kleinwüchsigen Mannes und eines Transvestiten, der seinen Lebensunterhalt als Prostituierter verdient. |
DIANA NAECKE interviews members of the TEDDY- Jury |
Homosexualität und queeres Leben sind also durchaus ein Thema in der Türkei. Deshalb ist es verwunderlich, dass die Türkei auf der Berlinale wenig vertreten ist und schon gar nicht mit schwul- lesbsichen Filminhalten. Die Berlinale und vor allem die Panorama- Sektion tragen durch ihre TEDDY-relevante Filmauswahl viel zu queerer Emanzipation bei. Und nach dem wichtigsten queeren Event, den TEDDY Awards, könnte man sich durchaus dem Irrglauben hingeben, in einer Homo-Stadt zu leben. Lesben und Schwule in Deutschland haben viel an Emanzipation erreicht. Das gesellschaftliche Klima hat sich deutlich verbessert, immer mehr Lesben und Schwule leben selbstbewusst und offen. Also warum dann ein Beitrag zum Thema „TEDDY goes to Turkey - Tuerkeistämmige Lesben und Schwulen in der Deutschland“? Gibt es denn da einen Unterschied? Was unterscheidet türkei- stämmige Queers überhaupt von queeren Menschen deutscher Herkunft? Was bedeutet es für türkeistämmige Queers, weder heterosexuell noch volles Mitglied der deutschen Dominanzgesellschaft zu sein? Was bedeutet es für diese Gruppe, ein Coming-out in ihren Herkunftcommunities und in der Dominanzgesellschaft zu erfahren? Tatsache ist, dass türkeistämmige Queers in Deutschland kaum in der Öffentlichkeit auftauchen und die meisten sehr isoliert leben. Türkeistämmige Queers erleben alltäglich Diskriminierungen aufgrund von Ethnie, Religion, sexueller Orientierung, der Hautfarbe und des Geschlechts. Folglich bewegen sie sich immer an den Schnittstellen von Rassismus, Sexismus und Homophobie. Sie erleben mehrdimensionale Diskriminierungen, müssen neben der allgemeinen Homofeindlichkeit zusätzlich mit ihrem rechtlichen und gesellschaftlichen Status als homosexuelle „Ausländer“ gegen strukturelle Benachteiligung kämpfen. Türkeistämmige Queers sind innerhalb der heterosexuellen Migrations- gesellschaft weitgehend unsichtbar, ihre Existenz wird negiert und sie werden als krank angesehen. Wenn sie doch wahrgenommen werden, dann als Menschen, die sich der deutschen Dominanzkultur assimiliert haben bzw. ihr ‘verfallen’ sind - als die „Abtrünnigen“ der türkischen Community. Während türkeistämmige Queers einerseits Homophobie in ihren Herkunftscommunities erfahren, werden sie von Schwulen und Lesben mit Rassismus konfrontiert und dem Gefühl, exotisch und nicht- zugehörig zu sein.
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| TEDDY GOES TO TURKEY
Each day guest columnists from different regions tell their stories and explain the political situation for queer people in their native country. |
Als Ausweg leben die meisten türkeistaem-migen Schwulen und Lesben ihre Homosexualität ausschließlich in der deutschen Gay Community. Damit sie aber Kontakt zur lesbisch-schwulen Community haben können, lassen die meisten einen wichtigen Teil ihres Selbst außen vor, nämlich ihre nicht-deutschen Identitätsaspekte. Umso wichtiger ist es, dass sich Gruppen in der Öffentlichkeit zeigen, die sich aus türkeistämmigen Lesben, Schwulen oder Transgender zusammensetzen. So sind sie zugänglich für viele andere, denn die vorhandene Homophobie und Tabuisierung auch in den Herkunftsgemeinschaften erschweren die Identitätsfindung. Die bereits bestehenden Immigrantenprojekte müssen ihren Blickwinkel und ihre Haltung zu der Thematik Homosexualität positiv aendern, zugleich ihre Projekte für queerlebende Türkeistämmige öffnen, ihre Konzepte überarbeiten, und dazugehörende Informationsveranstaltungen anbieten. Auf der anderen Seite sollten die deutschen Lesben- und Schwulenprojekte ihren Blick auf bestehende strukturelle Diskriminierung und auf Rassismus in den eigenen Reihen sensibilisieren und ihre Haltung „Homosexuelle versus Auslaender“ in Frage stellen. Projekte für Lesben und Schwule müssen sich mit der Lebensrealität der türkeistämmigen Queers beschäftigen und gemeinsam mit uns psychologische und beratende Angebote entwickeln. Eine von öffentlichen Geldern geförderte Beratungsstelle, die kompetente Beratung von und für türkeistämmige Queers anbietet, sollte eröffnet werden. Die bereits existierenden Gruppen von und für türkeistämmige Queers müssen sich untereinander vernetzen und einen Dachverband aufbauen, um eine produktive Zusammenarbeit leisten zu können. Hier kommt der Gruppe GLADT und anderen überregionalen Foren, wie z.B. dem Internetportal www.delidivane.de, MASHALLAH in Essen, eine große Bedeutung zu. Gays & Lesbians aus der Türkei Berlin-Brandenburg e.V. Kluckstraße 11 10785 Berlin Mobil: 0176 / 2805 3333 0049 (30) 2655 6633: info@gladt.de www.gladt.de |
| Today´s Column by IPEK IPEKCIOLU |
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